Aufregung

Am Freitag gehts also los.
Wir fahren mit NakNak* und Pitti und Tim und Erik und Carola und Alberto an die Nordsee.

Wir haben alles beieinander nur nicht unseren Verstand. Offensichtlich haben wir den irgendwann zwischen “Yeay – wir haben einen Ausbildungsplatz!” und “Whoa whaaaat KlinikAutismusErinnernHerzmenschenZukunftHoffnungAngstAngstAngst…” verloren.

Alles überschlägt sich. Gerade stehen in Berlin viele Menschen auf der Straße und halten Transparente hoch auf denen “Nein heißt Nein” steht. Morgen gibt es eine Demo gegen das Bundesteilhabegesetz in seiner jetzigen Form. Mittwoch müssen wir zum Arzt und vorher noch das Podcast für Juli schneiden. Donnerstag gehts zum Atmungsarzt und Allergologen, nachmittags zur Therapie. Winke Winke zum Abschied in die weite Welt. 4 Wochen mit dem Rad unterwegs sein. Weglaufen, weg sein, unerreichbar sein und doch so auf dem Weg an einen Punkt, an dem zu sein wir uns gut und schön vorstellen.

Ich darf nicht vergessen, den Müll wegzubringen. Nicht vergessen mich zu erkundigen, was die Fahrradmitnahme im RE wirklich kostet. Und das Geld –  oh G’tt das Geld. Ich brauche einen Plan. Mache einen Plan. Stehe fuchtelnd davor und weiß nicht womit anzufangen. Ich mache mir die Aufgaben noch kleiner. Stehe da und denke: Wozu da alles?
Lausche dem feinen Fiepton im Ohr nach und mache eine Pause. Denke: “Aufschreiben – schreib einfach alles auf und atme.”

So blöd immer zu denken “Ich darf nicht vergessen.” Ich darf sehr wohl vergessen. Ich wünsche es mir nur, nicht zu vergessen, weil ich weiß, dass ich Dinge verhindern kann, die ich nicht möchte.
Ich will Müsliriegel backen. Die machen lange satt und geben viel Energie zum Radfahren. Aber.
Ich will die viele freie Zeit nutzen, um meine Bücher zu lesen. Aber sie sind alle zwischen zwei und drei Finger dick. Nehme ich sie alle mit, bin ich viel zu müde, um auch nur eines aufzuschlagen. Und überhaupt – Literatur zu Autismus, Gewalt und soziologischen Auseinandersetzungen – brauchen wir die, wenn wir von Mücken und Spinnen umwölkt in einem Zelt irgendwo im Nirgendwo sitzen?
Was für eine neue Idee, dass es einen Zeit_Raum geben könnte, an dem es nicht wichtig ist, dem ständigen Gefühl nicht genug verstehen, um sich schützen zu können, etwas entgegensetzen zu können!

Und was, wenn der Atmungsallergologenarzt fragt, ob wir völlig durchgeknallt sind mit den Problemen erstmal mitten durch Wald und Wiesenlandschaft zu radeln? Sind wir fahrlässig uns selbst gegenüber zu denken: “Na wir haben schon unsicherere Situationen überstanden”?
Werden wir übermütig wie der junge Held, der seiner Unverwundbarkeit bewusst ist und nichts vom Lindenblatt auf seiner Schulter weiß?

“Vielleicht von Tag zu Tag…”, denke ich und atme durch.


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