eine andere Antwort

Gendermarketing ist ein Ding. Ist klar, wurde und wird schon viel drüber geschrieben, da braucht es nicht noch einen weiteren Text von mir.
Aber.
Auch Kritik an Gendermarketing ist ein Ding.
Nämlich.
Was aus Gründen des Gendermarketing kritisiert wird und warum.

Anlass für diesen Text ist meine von den Kochrezeptblöcken in dem Buch “Hannahs 25 Raspberry Pi Server” ausgelöste Verwirrung.

Es ist ein Buch, das fundiert und klar beschreibt, wie man Server aufsetzt und wie sie funktionieren. Und in dem es Kochrezepte gibt.
In einigen Rezensionen wird dieser Umstand lächerlich gemacht und Gendermarketing zugeschrieben. Für manche Rezensent_innen ist dieser Umstand sogar das Sprungbrett zur Abwertung des gesamten Buchs.

Als peinlicher Versuch mehr Frauen an “die Technik” zu kriegen, landet das Buch in einer Ecke, die seinem Inhalt überhaupt nicht gerecht wird.
Warum? Weil “Kochen” und “Technik” im Gegensatz zu einander verfestigt werden, wie “Frauen” und “Technik”.

Wäre ich eine Umkehrfeministin würde ich mich fragen, ob ein Werk zum Thema “Grillen” und “Technik” von einer Person, die als Mann kategorisiert wird, die gleiche Abwertung erfahren würde. Und dann fallen sie mir ein: die automatisierten Grills (CN: YouTube-Video) und der fast wie ein Fetisch anmutende Hype um DEN GRILL für DEN MANN, der sich in der Sommerzeit jedes Mal neu in der Werbelandschaft austobt.
Ich komme zu dem Schluss, dass das gleiche Gendermarketing, das bei Produkten mit der Zielgruppe “Frau” zu Lächerlichkeit und Verfestigung von Unvereinbarkeitsempfinden führt, bei Produkten für die Zielgruppe “Mann” jedoch, zur Ergänzung dessen, was als “männlich” gilt.

So wird Gendermarketing für “Frauen” peinlich – für “Männer” jedoch nicht.
Und so wird auch nur Gendermarketing für “Frauen” kritikwürdig, da es als allgemein entwertend und stereotypisierend kategorisiert wird. Manche Kritik verstärkt diese Einordung sogar noch durch den Einsatz von Sarkasmus und Witzen, die ebenfalls nur als solche erkennbar sind, wenn man ihre Quellen kennt, was nicht in allen Fällen vorraussetzbar ist.

Ich persönlich halte es für wichtig, bewusst darum zu sein, dass es Gendermarketing gibt.
Und fertig.
Meine eigene Kaufkraft ist so niedrig, dass es in meinem Fall irrelevant ist, an wen wer was verkaufen will – ich kann nur kaufen, was ich kaufen kann und das ist in der Regel das, was ich brauche  und eher selten das, was ich am liebsten gerne hätte, unter anderem vielleicht auch, weil es speziell für “Leute, die eventuell so sind und leben, wie ich” gedacht und gemacht ist.

Eine Bewertung des Umstandes, dass es das überhaupt gibt, wurde bereits vorgenommen und wie gesagt fällt diese Bewertung nachwievor überwiegend (cis)feminitätsfeindlich aus. Manchmal sogar dann, wenn die Aufwertung von (Cis)Feminität als Intension angeführt wird.

So bleibt zum Beispiel in Bezug auf dieses Buch die umfassende Auseinandersetzung damit aus, warum ein Buch mit Anleitungen zur Technik überhaupt Kochrezepte enthält.
Die einfache Antwort ist: “Gendermarketing – die denken, dass Frauen das mehr kaufen, wenn was drin ist, was sie kennen und wenn es aussieht, wie etwas anderes, das für Frauen gemacht wird”.
Eine andere Antwort könnte jedoch auch sein: “Warum denn nicht? Warum nicht etwas machen, was sonst noch niemand gemacht hat? Warum nicht ein Buch schreiben, das ein bisschen neben der immer gleichen Type passiert?”

Die andere Antwort könnte einfach auch mal eine Autor_in und ein Verlag sein, die versuchen etwas anderes zu machen, als viele andere, weil sies können und wollen.

BÄM – da denkt man doch gleich ganz anders über dieses Buch.
Und darüber, wessen Bücher man eigentlich lesen will.

*in diesem Text schreibe ich von “Männern” und “Frauen”, weil Gendermarketing nur das binäre Geschlechtersystem verwendet
P.S. Meine Verwirrung über die Blöcke rührt von ihrer Überschrift „Hannahs“.
Es kann schon mal verwirren den eigenen Namen so unvermittelt zu lesen.

2 thoughts on “eine andere Antwort

  1. Ich kenne nur die Rezension meiner Kollegin und hatte darauf auf Twitter verwiesen. Falls die nicht gemeint war, passt mein Kommentar nicht, ansonsten möchte ich die Wahrnehmung etwas verrücken: In ihrer Rezension ärgert sie sich über die Anlehnung an Frauenzeitschriften und die vermutlich dahinter stehende Annahme, Frauen interessierten sich nur für Technik, wenn sie rosa angemalt wird. Insgesamt gibt sie für das Buch eine Kaufempfehlung, weil es didaktisch gut aufbereitet sei und die richtige Mischung aus niedriger Einstiegshürde und tiefergehenden Informationen mitbringe.

    1. Ja, sie ärgert sich über Gendermarkting bzw. nimmt es an.
      Die auf deren Rezension ich mich beziehe, ist aber nicht die deiner Kollegin gewesen.
      Was ich versuchte zu sagen ist, dass nicht jede Kritik an Gendermarketing eine ist, die immer unproblematisch klar geht, nur weil die Grundannahmen und die Umsetzungen an sexistisch stereotyp sind.
      Like: ich finds nicht okay sexistisch auf Sexismus zu reagieren.

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