die Update-Reihe

Diesmal hab ichs gespürt. Sehr deutlich. Wie das, was der Körper macht, wenn er ein Niesen anbahnt. Ihre Präsenz, ihre Konsequenz, die Panik auf die sie reagiert.

Wir waren im Gespräch mit der Psychologin, die den Begleitermensch ergänzen soll, weil dieser inzwischen sehr weit weg arbeitet. Sie begrüßt uns, wir reden, sie freut sich über die Nachricht der Kostenübernahme wie wir uns gefreut haben. Ihre Sprache ist konkret. Achtsam, nicht furchtsam, das finde ich gut. Bis sie mir sagt, was sie an uns sieht. Das triggert Erinnerungsprozesse und ich merke es. R. knallt die Türen zu den anderen zu, lässt mich übrig auf dem Präsentierteller, dem Seziertisch, unter der Lupe. Aufgespießt, aus_geliefert.

Ja, so haben wir angefangen. Wir Rosenblätter. So sind wir entstanden. Vor einer zugeknallten Tür, in der totalen Exposition psychologisch/psychiatrischer Überwachung, Kontrolle, Aufmerksamkeit, vor der es kein Verstecken, keinen Schutz gibt.
Ich beginne mit 16, erinnere vage was war, als ich 15 war. Alle Fremden. Jede Stationsroutine, jede Frage-, Test-, Behandlungssituation. Frühstück, Mittag, Abendbrot in praktisch parasozialem Miteinander. Keine Geschichte, keine Zukunft, die Gegenwart voller Fehler, Defizite, Unnormalitäten und dem Versuch sie auszugleichen. Allein und ungesehen, obwohl nie unbeobachtet.

Unsere Therapeutin kringelte uns in drei Bereiche. Mich, R., die, die sie_r schützt. Da gibt es einen Zusammenhang. „Eine Update-Reihe“, denke ich. Erst wird das Traumatisierte geschützt, dann der Schutz selbst. Was schützt mich?
Auf dem Nachhauseweg denke ich, dass es mein Alter ist. Meine gesetzliche Voll_Macht über mich. Der Umstand, dass Hannah 7 ist und sich in sich selber verpanzern kann. Zwei-Komponenten-Schutz. Äußerlich strukturell verbunden, innerlich strukturell dissoziiert. Werde ich bedroht, bin ich schon tot. Bin ich tot, werde ich die Asche, aus der ich schon mal geworden bin. Das klingt nach einer Phönix-Metapher, ist aber als Sandburg in der Wüste zu denken.
Ich bin nicht ganz. Nicht komplex. Auch ich, wir Rosenblätter, sind aus einem Rest entstanden. Dem, was da noch war, als niemand mehr war.

Wieder denke ich an die Zerstörungserzählung einiger Vieler. Dass ES so schlimm war, dass jemand anders kommen und das Überleben übernehmen musste.
Das würde für uns bedeuten, dass R. und alle anderen immer noch unsere Therapie überleben. Meinen Versuch mich, uns alle, zu verstehen, das Erlebte in Beisein und Beistand von unserer Therapeutin zu verarbeiten, als eine Gefahr erleben. Und das nicht erst die 8 Jahre, die wir mit unserer Therapeutin arbeiten, sondern auch schon die 10 Jahre davor.

9 thoughts on “die Update-Reihe

  1. Das Alter schützt einem in gewisser Weise vor eine zwanghaften (und abhängigen) Aneinemdranbehandlung. Aber irgendwie trotzdem ja nicht vor einer Missbehandlung und den Folgen davon.

    Aber ja sicher ist trotzdem, man kann sich dann freier davon lösen. Das ist eine Tür, die man hat im Gegensatz zu früher.

  2. Verstehe das Update überhaupt nicht. Ist es ein Beitrag zum Thema Grenzverletzungen in der Psychotherapie bzw wieso acht Jahre Psychotherapie? Die letzte war doch beendet worden und ihr hattet das umfangreich hier reflektiert. Menschen mit dissoziativen Strukturen sind aus meiner Erfahrung immer dem Risiko ausgesetzt, psychiatrisiert zu werden ohne Sinn und Verstand. Aber es sind überlebenswichtige Persönlichkeiten, auch wenn es nur einen Körper gibt. Was wolltet Ihr genau mitteilen? Danki.

  3. Wir haben in der Psychiatrie ähnliche Trümmerhaufen erlebt aus denen wir uns wieder neu zusammengebastelt haben….Empfinden uns aber nicht als Rest eher als Kuchen den wir aus der Asche gebacken haben…Alles ist noch da..irgendwo….

  4. Im Klartext: Sprechen die Angst und die alten Erfahrungen nicht dauerhaft mit? Man kann euch die Sorgen ja nicht nehmen, denn niemand kann sagen ob es gut gehen wird oder ob es Komplikationen geben wird. Ich denke „das in Gefahr sein“ schon ein Hemmnis für weitere Gespräche ist, was die Therapeutin auf dem Schirm haben muss. Wird es für euch zusammen gehen, was meint ihr? Viel Erfolg und Gratulation zur Übernahme der Kosten!

    1. Ich denke, dass wichtig ist, sich damit zu beschäftigen, wer von uns orientiert werden muss, damit die absolute Schutzmechanik nicht mehr nötig ist. Das gilt für den Kontakt mit der Psychologin, aber auch für die Psychotherapie, die wir machen.
      Komplikation gehört dazu, niemand von uns erwartet, dass man einfach so durchflutscht. Das widerspricht jeder Lebenserfahrung – den guten, wie den schlechten.

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