die dritte Arbeit

Am Ende des Halbjahres stelle ich wieder fest, dass wir es wirklich brauchen.
Das Schreiben, das Bloggen, das sich hier sammeln und finden.

Seit der Therapietermin nicht mehr die Hauptarbeitszeit ist, fasern wir wieder weiter auseinander.
Das ist wie auf einer Eisscholle wegzudriften oder langsam von einer hereinkommenden Flut umflossen zu werden.
Ich sitze nicht hier und merke in ein zwei Stunden: “So jetzt werde ich dissoziiert und jemand anderes.”. So ist es nicht. So war es auch noch nie.
Es ist viel mehr so, dass ich alles tue, was ich eben tue und mich eine Irritation dazu bringt zu bemerken, dass viel Zeit ohne mein aktives, bewusstes Dazutun vergangen ist.

Seit die Schule ist, merke ich es an neuen Schmerzen, die mir am Ende nur die Option lassen ins Bett zu gehen.
Da sind Rückenschmerzen vom unpassenden Schulmobiliar auf denen von der Bettsituation im Moment. Da ist der Schulbuckel über dem Stachelpanzerbuckel eines Innens, das flirrend zwischen Trauer und Angst in den Schulalltag gebunden ist.
Und Erschöpfung. Die Art Erschöpfung, die man hören kann, weil die milchsauren Muskeln unter der Haut aufquietschen.

Am Nachmittag schlafen wir. Am Abend ist manchmal noch genug wach da, um Emails zu lesen oder zu beantworten. Manchmal reicht es sogar für ein Essen und eine Serie.
Zum Bloggen reicht es nie.

Seit dem Klinikdings letztes Jahr denke ich oft, dass wir hier in Wahrheit doch nur selbstdarstellerischen Scheiß machen. Killefit ohne jede Konsistenz. Gedöns das weder anstrengend noch konstruktiv, wertvoll oder wichtig ist. Ich denke, dass es uns doch leicht fallen muss, unanstrengend sein muss, schließlich schreiben wir das Blog von Vielen schon seit 2008.

Inzwischen merke ich, wie es unsere Therapiearbeit ist. Auch ist. Es ist Therapiearbeit. Es ist, was uns liegt. Vielleicht: was das Talent ist, das uns eint.
Der Sprachknall und das Wort als Ist um alles Sein.
Es ist unsere dritte Arbeit.
Obwohl es keinen Auftrag gibt.

Ab sofort schreiben wir morgens. Zwischen Kaffee 1 und Hetzdusche, Hetzaniehen, Hetzkaffee 2 und Schulweg hetzantreten.

4 thoughts on “die dritte Arbeit

  1. Seit dem Klinikdings letztes Jahr denke ich oft, dass wir hier in Wahrheit doch nur selbstdarstellerischen Scheiß machen. Killefit ohne jede Konsistenz. Gedöns das weder anstrengend noch konstruktiv, wertvoll oder wichtig ist.

    Nein! Sie ahnen nicht, wieviel ich von Ihrer Klugheit, Ihrem Mut und Ihrer sorgfältigen Sprache lerne. Danke.

  2. Ja, so geht es mir auch – das Schreiben sammelt, ordnet mich Innen und Aussen, und es macht Innenarbeit – es klärt und hält den Fokus auf die Innens da drin. Der Nachteil, man braucht viel Zeit dafür. Ich folge Dir jetzt schon – ich glaub 2 Jahre – und Du hast mich eigentlich motiviert (ohne dass Du es weißt) – selbst einen Blog zu schreiben. Danke für diese Motivation, die für mich auch erleichternd wirkt und mich zusammenhält. Schön, dass man wieder Kommentare schreiben kann.
    M.

  3. Wahnsinn, wirklich Chapeau was hier in diesem Blog für gute und kluge Gedanken geäußert werden. Ich wurde sehr berührt durch so manch Beiträge und immer wieder fasziniert, wie erfahren jegliche Gedanken geäußert werden und das mit viel Mut, Selbstbewusstsein und Charakterstärke. Ich bin sehr gespannt auf weitere Beiträge und freue mich auf mehr faszinierende Gedanken!
    Ich würde mich freuen, wenn ihr mal in meinen Blog schaut.
    LG Henriette

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