25072020 – nie „wirklich“ arbeiten

Vor uns liegen 5 Wochen ohne Therapietermine. Davon haben wir 3 Wochen Urlaub geplant.
Zeiten wie diese möchte ich gern als Auszeiten sehen. Der erste Tag beginnt, ein Schalter kippt, alles auf Pause. Stopp. In unseren drei Urlaubswochen wollen wir in Ruhe arbeiten. Am neuen Buch, an so etwas wie täglicher Routine, unzerschossen von Fahrten nach Bielefeld, von Terminen und der Vielzahl der Prozesse, die wir am Tag so durchmachen, um alles ein bisschen zu schaffen, statt eine Sache ganz.

Vor ein paar Tagen kam die Ablehnung eines Antrags auf eine geförderte Stelle vom Jobcenter. Die Stelle sei nicht geeignet, ich sei nicht geeignet, das Gebot der Wirtschaftlichkeit dies das. So ein Brief in einem Monat mit zwei Buchsätzen, einer selbst strukturierten Weiterbildung und 12 Texten, die nicht mit verbundenen Augen und wahllos in die Tasten hauend entstanden sind, mehreren Teamgesprächen und Korrespondenzen, an denen durchaus auch Verantwortung hängt, während wir durch einen erheblichen Konflikt mit der Therapeutin und der Therapie an sich gingen.

Das wars im Grunde mit der Aussicht auf einen Stopp und in Ruhe arbeiten ohne Mailprogramm im Hintergrund, ohne Erreichbarkeit, ohne vollständiges Eintauchen in das, womit ich mich beschäftigen will.
Mein hoffentlich zukünftiger Arbeitgeber wird einen Widerspruch schreiben und wir werden eine Stellungnahme schreiben. Wir wussten schon, dass das kommen könnte, hatten befürchtet, dass es so kommen würde. Das Jobcenter möchte mich einfach super gern stabilisieren. Offenbar vor allem in meinen als „Arbeitslosigkeit“ eingeordneten Zustand.

Ich konnte leider nicht herausfinden, wie viele Menschen im Leistungsbezug des Jobcenters auch mit einer Behinderung leben und wie ich seit Jahren mit solchen Begründungen weder Fördermaßnahmen, noch Weiterbildungen, noch Kleinststellen, wie die, die wir versuchen gefördert zu bekommen, erhalten. Es werden viele sein und viele werden auch auf die eine oder andere Art arbeiten wie ich. Nämlich nie „wirklich“ und deshalb auch wie ich, nie „wirklich“ mal Urlaub haben.


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11 thoughts on “25072020 – nie „wirklich“ arbeiten

  1. Nie wirklich Urlaub haben, das haben auch viele pflegende Angehörige. Wenn sie mit ihren „Zöglingen“ in Urlaub fahren, dann ist die Pflege doch zu leisten und wenn die zu pflegenden alleine wegfahren, dann ist Daheim genug zu tun …

  2. hallo sag mal Du, erzähl auch nix übers GSA wo mir seit 4/2000 jede Arbeit verbietet. Der ganze Schmalassel betrifft genau die hälfte meines kleinen engsten Freundeskreises- ABER darum habe ich eine Selbsthilfegruppe initiiert und habe eine Gruppe mit sehr erfahrenen Autisten gefunden, die Eine arbeitet bei einem Verlag und so wurde beschlossen eine Sammlung herauszugeben. Gestern haben wir beschlossen einfach mal so zu schreiben als würde jede Leser unseren Slang verstehen. Man muss doch seine Erlebnisse original aufschreiben – nur so kann man anderen in der bunten Vielfalt Mut machen. Ich habe 1993 einen gutherzigen hochinteligenten transsexuellen Autisten(Reihenfolge beliebig) kennengelernt. Dann waren wir befreundet und wir hatten einfach Jemand an denn wir denken können wenn wir eine zweite Meinung suchen. Das ist für mich genauso wichtig wie Selbstgespräche, es kommt dabei nicht darauf an wo und wieviele daran teilnehmen, hauptsache die Gedanken tauschen sich aus.

      1. Nein , es gibt zwar schon ein ähnliches Projekt , aber die „Ausschreibung“ will sagen die Synopsis wird gerade gemacht. Unsere Idee ist ersteinmal eigene Sachen UND die von Freunden zu sammeln anstatt aufs geradewohl einen Aufruf zu starten. Aber wenn das fertig ist schick ich es dir, also die Ausschreibung.Ich verteile es nur an diejenigen die halt schreiben wollen. boah – tippen ist echt ein schwindeleregender prozess- lese eigentlich lieber LGTomi

          1. schreibe hier weil du wirklich phantastisch gut erzählst, oder ich mir einbilde folgen zu können. und wenn du mich durchschaust freut es mich auch, immerhin habe ich einen sog.Frontalhirnschaden aber darf trotzdem für voll genommen werden (sagen meine Ärzte)

  3. Oder mit Glück, wenn man dem Amt hinterher rennt. Ich will ja arbeiten, nur eben nicht kaputt. Weiterbildung: selber die Ideen zuliefern, und trotzdem sagt das Amt: Keine Aussicht auf Erfolg. Urlaub? Ist paradoxerweise Arbeit, mir Unterkunft und Verpflegung verdienen, Teil einer Gemeinde auf Zeit. Ich fahre nicht weg, um mich zu erholen, sondern, um etwas zu tun. Das mit dem psychische Stabilisierung steht genau so in meiner Eingliederungsvereinbarung. Perspektiven entwickeln muss ich selber, Und ein Arbeitgeber muss mich auch ohne Unterstützung einstellen (wollen).

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