18

25.000 Schüler_innen waren heute auf der Straße, um für ihre Zukunft und gegen die aktuelle Klimapolitik einzutreten. Beeindruckend.
Wenig.
Finde ich. 25. 000 Schüler_innen, das ist nicht nichts. Aber doch: wenig, wenn man bedenkt, dass allein in Bremen – der Ort/der Stadtstaat mit den wenigsten Schüler_innen an allgemein bildenden Schulen (also noch nicht mal die Berufsschüler_innen und Student_innen unter 18 Jahren einbezogen) über 66. 000 Lernende hat.

Wie kommts?
Stichwort: Schulpflicht.
Hitler sei Dank, oder nein, das ist zu einfach – Nationalismus sei Dank, gibt es in Deutschland die Schulpflicht außerhalb des Elternhauses. Die allgemeine Schulpflicht gibt es schon etwas länger – 1938 wurde der Heimunterricht verboten, um die Kinder einfacher der staatlichen NS-Doktrin aussetzen zu können.

”Allgemeine Schulpflicht” heißt: alle sollen, alle müssen zur Schule gehen. Nur sehr sehr wenige werden davon ausgenommen und das aus Gründen, die weniger mit Lernmotivation, als mit der Aussicht auf im wahrsten Sinne des Wortes ‘verwertbare’ Bildungsergebnisse zu erwarten sind, zu tun haben.

Wer nicht zur Schule geht, muss mit erheblichen Schwierigkeiten rechnen. Und die Eltern gleich mit. So wichtig ist der Schulbesuch für Kinder. So  wichtig für ihre Zukunft.

Um die Zukunft geht es bei den Klimaprotesten, im Moment toll organisiert von fridaysforfuture.de.
Es geht darum zu sehen: Es hat herzlich wenig Sinn, sich jetzt den Arsch in einer maroden Schule vor überarbeiteten Lehrer_innen platt zu sitzen, wenn schon ganz klar zu sehen ist, dass so einige Klimakatastrophen und andere direkt und indirekt damit zusammenhängende Probleme vor der Tür stehen.

Es geht darum, dass die Generation, die die Schüler_innen heute sind, diejenigen sind, die das tragen müssen.
Und, dass “wir Erwachsenen” die Generation sind, die das noch verhindern bzw. abmildern kann.  Allein. Denn Kinder und Jugendliche dürfen erst wählen, wenn sie 16 bzw. 18 Jahre alt sind, dürfen erst ab 18 überwiegend ab 21 so richtig und in echt über sich allein bestimmen.

Für die Kinder und Jugendlichen bedeutet die von Erwachsenen gemachten, überwachten, aufgezwungene Schulpflicht, die keine Ausnahmen, wie das Ergreifen der eigenen Stimme und damit auch der eigenen Macht als Bürger_innen unserer Gesellschaft, zulässt, dass sie sich strafbar machen müssen, mit ihrem Schulstreik für das Klima. Zusätzlich dazu, dass sie Unterricht versäumen. Den sie in einer sicheren Zukunft ja durchaus noch gebrauchen können. Das ist ganz schön viel verlangt und ich denke das ist einer der Gründe, weshalb es noch so wenige – wenn auch weit mehr waren, als ich erst dachte, die heute in der Klapperkälte ihre Demostrecken gelaufen sind.

Irgendwie bin ich auch traurig, dass das so ist.
Nicht, weil ich “die Kinder und Jugendliche heutzutage” für faul und feige halte – für zu faul und zu feige, sich aufzulehnen und den Rabatz zu machen, den “die Erwachsenen und Alten heutzutage” noch viel realer wirklich _machen_ könnten, sondern weil Adultismus einfach auch diese Folgen hat.
Irgendwann ist es drin, das Denken, man hätte nichts zu sagen, nichts zu bestimmen, andere wüssten alles besser und also machen sie auch alles besser. Irgendwann ist der Punkt da, an dem Protest nur noch aus bunten Haaren, Zoff um nix und eigener Subkultur besteht – und eben nicht mehr in hemmungslos selbstüberschätzter Pose und krasser Lautstärke für das eigene Leben.

Irgendwann ist der Punkt da, an dem man ehrlich glaubt, “die da oben” würdens schon richten, einfach, weil man sich keine Welt vorstellen kann, der es kein “oben und unten” gibt.

Bis der Punkt da ist, an dem man am eigenen Leib spürt, dass das Gewalt ist gegen die man sich wehren kann. Muss.

Und dann ist es zu spät.