08072020

Ich gehe mit den Hunden raus. In zwei bis zweieinhalb Stunden kommt die Betreuerin zu uns nach Hause und wir versuchen auf/er/ge/klärt auseinanderzugehen.
Es gab Schwierigkeiten.

Kommunikationsschwierigkeiten.
Traumafolgestörungen.

Ich habe mich vor einigen Jahren für eine freiwillige Betreuung entschieden, weil die Behördenangelegenheiten zu damals noch Eingliederungshilfe und Jobcenter immer wieder dazu geführt haben, dass ich nicht sicher und versorgt war.
Viele Menschen denken: „Ja, Behördenpost versteht eh niemand, da würde ich mir auch gern jemanden holen, die_r das für mich macht.“ Bei mir geht es aber nicht nur um Behördenpost. Es geht darum Anträge zu stellen, Antragsmöglichkeiten erklärt zu bekommen, die Auswirkungen und alternative Möglichkeiten erklärt zu bekommen. Es geht darum, dass jemand den Überblick hat und eingreift, bevor ich ohne Geld und deshalb möglicherweise ohne Wohnung und also ohne Schutz bin.

Es geht darum, dass ich Hilfe dabei habe, meine Finanzen so zu strukturieren und diesbezügliche Verpflichtungen abzuklären, dass ich Projekte wie das Blog oder das Podcast machen kann und gleichzeitig auch jede Woche beruhigt Lebensmittel einkaufen.

Es geht auch darum, dass ich jemanden an der Seite habe, die_r mich vor Behörden und anderen Stellen vertritt. Termine mit fremden Menschen an fremden Orten, zu denen ich in der Regel auch meine Assistenzhündin nicht dabei haben darf (weil öffentliche Gebäude keine öffentlichen Orte sind) stressen mich oft so sehr, dass ich nicht mehr sprechen und gehörtes nicht verarbeiten kann. Ich brauche jemanden, die_r dabei war, um mir alles eins zu eins nachzuerzählen und zu erklären, wenn ich mich wieder reguliert habe.

Diese Aufgaben erfordern viel erfolgreiche Kommunikation im Kontakt.
Ein Fehler, und sei er noch so banal im Rückblick, kann sich wie eine Laufmasche auswirken und das Bündnis zerstören.
Das ist uns hier passiert und es war nicht zu verhindern, weil man Behinderungen nicht nur mit Enthinderungen begegnen muss, sondern auch mit Strukturen, in denen man alle eigenen Fähig- und Fertigkeiten, sinnhaft einbringen kann.

In Deutschland gibt es diese Strukturen nicht.
Das frustriert mich oft, triggert mich noch öfter in altes Empfinden von Ohnmacht und Ausgeliefertsein und manchmal schaffe ich es nicht rechtzeitig, zu kommunizieren, was meine Worte und Gesten sagen und was sie nicht aus.sagen sollen.
Und manchmal denke ich auch einfach nur: „Warum the fuck bin ich eigentlich dauernd die Person, die (sich) erklärt und aufklärt und sagt. „Ja kein Problem, Sie haben es ja nicht böse gemeint“? – Nein, diesmal behalte ich meine Kraft und suche mir eine andere Person fürs Team.“


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4 thoughts on “08072020

  1. Hallo Hannah mich würde interessieren wie du die DIS in Mr. Robot dargestellt findest, falls du die Serie kennst. Alles Gute.

      1. Hallo Hannah,
        mir gefällt total gut, wie respektvoll Du über den Konflikt zwischen Dir und Deiner Betreuerin schreibst. Ich höre heraus, dass Du sehr genau wahrnimmst, dass Missverständnisse zwischen zwei oder mehr Personen eben passieren und dass alle Beteiligten in irgendeiner Form dazu beigetragen haben. Dein Ton ist so frei von Schuldzuweisungen und dennoch hast Du für Dich die Entscheidung getroffen, die Kommunikation und damit das Betreuungsverhältnis zu beenden. Das tut irgendwie gut zu lesen!
        Alles Gute für Dich! (Ich schreib Dich in der Einzahl an, ich hoffe, das ist okay für Dich?! Hab den Eindruck, Du schreibst auch immer öfter in der Einzahl, stimmt das oder täusche ich mich?)
        Herzliche Grüße von Ulrike

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